Vierfachverglasung steht noch ganz am Anfang
Nach den einfachverglasten Fenstern, welche die Raumwärme fast ungehindert nach Draußen gelangen ließen, kamen in den 70er Jahren im Zuge der Wärmeschutzverordnung Fenster mit Doppelverglasung auf den Markt. Moderne zweifachverglaste Fenster sind auch heutzutage noch durchaus konkurrenzfähig. Übertroffen wurden diese Fenster nur durch Varianten mit Dreifachverglasung - kein Fenster hält Wärme besser im Haus. Sie sind seit Anfang des Jahrtausends als Standard anzusehen.
Nun gibt es bereits Bestrebungen, den drei Scheiben noch eine weitere Scheibe hinzuzufügen. Erste Modelle sind bereits auf dem Markt erhältlich. Doch sind mehr Scheiben automatisch besser, oder ist eine vierfache Fensterverglasung zuviel des Guten?
Die U-Werte der Vierfachverglasung sind beachtlich
Festzustellen ist bei allen verfügbaren Fenstern mit Vierfachverglasung: die U-Werte sind definitiv niedriger als bei einer Dreifachverglasung und hinterlassen einen nachhaltigen Eindruck: Werte von 0,3 bis 0,4 W/m2K - und damit durchaus Passivhausfensterniveau - sind nachweisbar erreicht. Dreifachverglasung deckt demgegenüber meist einen Bereich zwischen 0,5 bis 0,9 W/m2K ab.
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) fordert derzeit einen U-Wert von UW = 1,3 W/(m2⋅K) bei einem Fenstertausch. Ein Fenster mit Dreifachverglasung erreicht diesen Wert bereits problemlos und ist im Hinblick auf die EnEV völlig ausreichend.
Entwicklung von U-Werten über die letzten Jahrzehnte, Bildquelle: SimSys, Wikipedia, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Rechnet sich der Aufpreis?
Den beachtlichen U-Werten stehen allerdings noch viele ungeklärte Fragen gegenüber.
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Wirtschaftlichkeit: Zuerst sind vor allem die Preise (Fensterpreise im Überblick) der Vierfachverglasung ein Hauptproblem dieser Bauweise: im Verhältnis zur eingesparten Energie sind die Kosten bislang deutlich höher. Es würde eine beträchtliche Zeit dauern, bis sich die höheren Kosten wieder hereingespielt haben (falls überhaupt). Vom höheren persönlichen finanziellen Aufwand abgesehen ist auch die Frage noch ungeklärt, ob die ökologische Last den deutlich höheren Produktionsaufwand rechtfertigt.
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Gewicht / Statik: Fenster mit Vierfachverglasung sind deutlich schwerer als ihre dreischeibigen Kollegen: statt 30kg pro Quadratmeter - ein Wert, der Fensterbauern bereits gelegentlich als problematisch erscheint - schlagen sie durchaus mit 40kg pro Quadratmeter zu Buche. So kann ein normales Fenster durchaus schon einmal seine knapp 70kg auf die Waage bringen. Das ist nicht nur unhandlich, sondern auch unter statischen Gesichtspunkten möglicherweise ein Problem. Da die Vierfachverglasung noch sehr neu am Markt ist, fehlen bislang belastbare Daten zur Lebensdauer eines solchen Fensters.
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Mehr Scheibenzwischenräume: Die Lebensdauer wird möglicherweise auch dadurch negativ beeinflusst, dass es bei einer Vierfachverglasung einen Scheibenzwischenraum mehr gibt als bei den dreifachverglasten Fenstern. Je mehr Scheibenzwischenräume vorhanden sind, desto größer sind beispielsweise die Temperatur- und damit Druckunterschiede (Klimalast) zwischen den Elementen. Während dieser Unterschied bei einer einem doppelten Isolierglas nur einige Grad beträgt und Dreifachverglasung durchaus schon 12 Grad Temperaturunterschied auftreten, kann die Differenz bei einer Vierfachverglasung auf 20 Grad ansteigen - eine potentiell starke Belastung des Fensters. Deshalb gilt es als empfehlenswert, bei den mittleren Scheiben zu Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG-H) zu greifen.
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Schlechterer g-Wert: Weitere Nachteile sind außerdem eine schlechtere Lichttransmission (es gelangt weniger Licht in das Gebäude) und damit ein schlechterer g-Wert. Das bedeutet, dass die solaren Energiegewinne geringer ausfallen. Dies kann dazu führen, dass bei einer nicht optimalen Situation die Energieeinsparung durch die auf dem Papier guten U-Werte zwar gut ausfällt, die Gesamtenergiebilanz der Vierfachverglasung allerdings nicht besser als bei einer Dreifachverglasung ausfällt - bei deutlich höheren Investitionskosten.
Der generelle Tenor scheint derzeit noch zu sein, dass sich die Mehrkosten im Hinblick auf die eher geringen Energieeinsparungen noch nicht rechnen (Stand: April 2020). Mehr Scheiben sorgen so eher für mehr Probleme. Die Dreifachverglasung bleibt somit im Moment noch das Maß aller Dinge, da sich auch die lange erhoffte Vakuumisolierverglasung noch nicht richtig etablieren konnte.